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ÜBER UNS - Presseübersicht 2006

Leverkusener-Anzeiger, 22.Dezember 2006
Das Leben bei 40 Grad minus
Autor und Filmemacher Thorsten Nesch erzählte im Kulturausbesserungswerk melancholische Geschichten aus einem kanadischen Apartmenthaus.

Paris liegt in Calgary in Kanada. Paris ist in diesem Fall nicht die Stadt der Liebe. Hier geht es nicht ums „savoir vivre“, sondern ums Überleben. Paris ist ein Apartmenthaus in Calgary, eine Stadt, die Autor und Regisseur Thorsten Nesch einmal so beschrieben hat: „Fahrzeugscheiben platzen dort nach Mitternacht so häufig, dass Einwohner am Klirren des Glases die Automarken erkennen können."

Ein aggressiver Ton herrschte in Neschs Multimediaprojekt aber nicht vor. Melancholisch und verträumt kamen seine Figuren daher, der Ich-Erzähler, die Straßenprostituierte Rosie und der Countrymusiker Buff Montana. Während der 38-Jährige Geschichten vorlas und zur Gitarre sang, waren auf der Leinwand Impressionen aus Calgary zu sehen: graue Straßenzüge, die kanadische Flagge im Wind, coole Skateboarder und immer wieder dicker Schneefall.

Fünf Jahre lang lebte der gebürtige Solinger, der seine Jugend in Leverkusen verbrachte, in Kanada. Als er sich nach dem Schulabschluss erfolglos an Filmhochschulen beworben hatte, konzentrierte er sich zunächst aufs Schreiben und wanderte schließlich nach Nordamerika aus. Das Apartmenthaus „Paris“ in Calgary gibt es tatsächlich und Nesch hat dort gewohnt. Der Stoff für das Bühnenstück sei nicht neu, verriet der Autor, die Texte seien schon veröffentlicht worden. Hinzugekommen sind bunte Videos und schwarz-weiße Fotos aus Kanada.

Als „multimedial, bilingual, urbanglobal“ war die vom städtischen Kulturbüro finanziell unterstützte Premiere „Paris, Calgary“ angekündigt. Alles drehte sich am Donnerstagabend um die Stadt, in die niemand wegen ihrer Schönheit kommt. Szenen aus dem Apartmenthaus servierte der Künstler mit leiser Stimme und seiner ausdrucksstarken, von Metaphern und Bildern getragenen Wortwahl. So erklärte er beispielsweise, wie das Leben bei Minus 40 Grad ist: „Nach zwanzig Minuten fängt der Mantel an zu knistern wie die Holzbohlen im Kulturausbesserungswerk.“ Vom Schluss machen auf kanadisch berichtete Nesch, von den „Metallpiranhas der Nacht“, kaputten Fahrrädern und noch kaputteren Freiern. Bald soll es übrigens mehr geben aus Paris in Calgary: Regisseurin Petra Clemens filmte den Auftritt im Kulturausbesserungswerk.
Ana Ostri´c


Pressemitteilung der Stadt Leverkusen
Leverkusen, 04. Dezember 2006
neue bahn stadt: opladen
Regierungspräsident Lindlar übergab Förderbescheid in Höhe von 1,5 Millionen Euro an OB Küchler

Einen Zuwendungsbescheid der Städtebauförderung in Höhe von fast 1,5 Millionen Euro nahm heute in Köln Oberbürgermeister Ernst Küchler aus der Hand von Regierungspräsident Hans Peter Lindlar entgegen: Die für das Jahr 2006 beantragten Fördermittel werden für Maßnahmen im Ostteil des Bereichs “neue bahn stadt :opladen“ eingesetzt – für die Flächen des ehemaligen Ausbesserungswerks und des Gleisbauhofs.

Durch die Bewilligung dieser Fördergelder plus einem städtischen Eigenanteil von 30 Prozent ist die Umsetzung wichtiger erster Baumaßnahmen gewährleistet. Ziel: Teile des Ostbereichs des Standortes sollen sich rechtzeitig zur Regionale 2010 als hochwertiger Wohn- und Gewerbestandort präsentieren. Ein Förderbescheid in Höhe von 962.500 Euro stammt aus dem Programm „Stadtumbau-West“. Die Gelder werden für folgende Maßnahmen auf denjenigen Flächen eingesetzt, die von der Stadt Leverkusen erworben werden:
-     Sanierung bestehender Gebäude, in denen sich bereits florierende Gewerbebetriebe angesiedelt haben. Sie sollen als Entwicklungszellen für die künftige Vermarktung der Gewerbeflächen dienen
-      Abbruch von leer stehenden Hallen, die als Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs mit Wohnnutzung überplant worden sind
-     Planung und Errichtung von Baustraßen, um diejenigen Flächen verkehrlich zu erschließen, die von der Stadt Leverkusen schnellstmöglich erschlossen/vermarktet werden sollen
-     Erste bauliche Maßnahmen zur Herstellung des zentralen Grünbereichs („Grünes Kreuz“) als Rückgrat des neuen Stadtquartiers.
-     Maßnahmen zum Schutz und Erhalt des Baumbestandes
-     Erste Maßnahmen zur Altlastensanierung
-     Rückbau bzw. Umbau von bestehenden Versorgungsleitungen der ehemaligen Bahnanlagen, damit die Flächen von der planungsrechtlichen Bindung als Bahnflächen freigestellt werden kann.
-     Öffentlichkeitsarbeit zur Präsentation und Vermarktung des Standortes
Ein weiterer „Förderscheck“ in Höhe von 537.000 Euro stammt aus dem Landesprogramm „Initiative ergreifen“: Die Mittel wurden von der Stadt beantragt und kommen dem Förderverein Kulturausbesserungswerk zum Ausbau des Kulturausbesserungswerks im Norden des Plangebiets zugute. Der Eigenanteil wird durch den Förderverein als Projektträger selber erbracht.
www.leverkusen.de


Leverkusener-Anzeiger, 2.Dezember 2006
1,5 Millionen Euro für die neue Bahnstadt 

Ein erfreulicher Termin in Köln stand gestern auf dem Kalender von Oberbürgermeister Ernst Küchler: Die Entgegennahme der schriftlichen Zusage über 1,5 Millionen Euro Fördermittel für die "Neue Bahnstadt Opladen". Laut einer städtischen Pressemitteilung übergab Regierungspräsident Hans Peter Lindlar diese Zusage an das Leverkusener Stadtoberhaupt. Die für das Jahr 2006 beantragten Fördermittel werden für Maßnahmen im östlichen Teil eingesetzt - für die Flächen des ehemaligen Ausbesserungswerks und des Gleisbauhofs.

 Mit Hilfe dieser Mittel und einem städtischen Eigenanteil von 30 Prozent sollen sich Teile des Ostbereichs des Standorts zur Regionale 2010 als hochwertiger Wohn- und Gewerbestandort präsentieren. Fördermittel von knapp einer Million Euro stammen aus dem Programm "Stadtumbau-West". Das Geld wird auf den Flächen eingesetzt, die von der Stadt erworben werden. Dazu zählen unter anderem Gebäudesanierungen, der Abbruch leer stehender Hallen und erste bauliche Maßnahmen zur Herstellung eines zentralen Grünbereichs. Fernerhin steht sowohl eine Altlastensanierung auf dem Programm als auch der Rückbau von bestehenden Versorgungsleitungen der ehemaligen Bahnanlagen.

 Ein weiterer Förderscheck in Höhe von 537 000 Euro kommt aus dem Landesprogramm "Initiative ergreifen": Die Mittel kommen dem Förderverein Kulturausbesserungswerk zugute, der damit das Werk ausbauen möchte. Auch hier wird ein Eigenanteil gefordert, den der Verein als Projektträger übernimmt. "Das Kulturausbesserungswerk bildet einen wesentlichen Kristallisationspunkt im nördlichen Teilgebiet der neuen Bahnstadt", heißt es in der städtischen Mitteilung. Neben der Gebäudesanierung fließe auch viel Geld in die Gestaltung der Außenanlagen. (ujo)


Westdeutscher Rundfunk, 1.Dezember 2006
1,5 Mio. Euro für Neue Bahn-Stadt Opladen

Die Stadt Leverkusen erhält 1,5 Millionen Euro Landesmittel zur Förderung der Neuen Bahn-Stadt Opladen. Das Geld soll dazu beitragen, das Areal des ehemaligen Bahnwerks Opladen in einen neuen Stadtteil umzuwandeln. Für die 44 Hektar große Fläche sind Wohnsiedlungen, Gewerbeflächen und Grünanlagen geplant. Ein Drittel der bewilligten Fördersumme fließt an die Initiative Kulturausbesserungswerk, die damit ihr Zentrum in einer alten Bahnhalle sanieren will.


Neue Rheinische Zeitung, 28.November 2006
Theaterabende im Leverkusener Kulturausbesserungswerk 
Orhan Pamuks "Schnee" auf der Bühne

Seit fünf Jahren besteht - dank des Engagements vieler Aktivisten aus der alternativen Szene - das Kulturausbesserungswerk in Leverkusen. Gegen manche Widerstände hat es sich mit vielgestaltigen Aktivitäten ortsansässiger Initiativen einen Namen gemacht. Neben den Konzerten haben vor allem Theater-Aufführungen und Kulturprogramme das KAW zu einer ersten Adresse in der rheinisch-bergischen Region gemacht.

So erlebten die Besucher zum Jahrestag der Reichspogromnacht eine Aufführung der Remscheider Gruppe „Les Chabraques“ zugunsten der Aktion „Stolpersteine“ des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Das Stück irritierte zwar zu Beginn einige Zuschauer, die sich  fragten, was Schlager der 30er und 40er Jahre in einem Programm mit dem Titel „Wider das Vergessen“ zu suchen hätten? Doch bald wurde auch dem Letzten klar: hier hatte man einen neuen - und wie am Schluss der Aufführung deutlich wurde - sehr aktivierenden Einstieg in das Thema „Faschismus und Widerstand in Deutschland 1933 bis 1945“ mit Erfolg versucht. Durch den Kontrast der damaligen Schlager zu Texten und Liedern des Widerstands - verstärkt durch eine ungewöhnliche Aufführungstechnik - schafften es die Künstler, die Situation dieser Jahre den „Leuten von heute“ nahe zu bringen.

Vor allem von den jugendlichen Zuschauern, die übrigens von allen Veranstaltungen im KAW besonders angesprochen werden, kamen am Schluss durchweg positive Aussagen zur Aufführung. Eigentlich ähnele die Berieselung durch die heutige „Eventkultur“ durchaus der Rolle, die damals die Schlager spielten. Sie habe die Funktion, die Menschen auch heute wieder vom Nachdenken, Erkennen und Handeln abzuhalten.

Am 15. November stellte die in Leverkusen schon durch mehrere Inszenierungen bekannt gewordene Regisseurin Petra Clemens das Stück „Schneekristall“ der Leverkusener Autorin Ulla Klomp vor. Das Theaterstück, das auf verschiedenen Ebenen, auch als szenische Lesung daher kam, hinterließ bei den Besuchern einen bleibenden Eindruck. PEN-Club-Mitglied Ulla Klomp, die im Stück die Rolle des Spielleiters übernahm, hatte damit den Roman „Schnee“ von Friedenspreis- und Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk auf die Bühne gebracht. Die Aufführung fand im Rahmen der Aktion „Ein Buch für die Stadt“ statt.

Die Geschichte handelt von dem türkischen Schriftsteller KA, der auf der Suche nach seiner verlorenen Identität ist. Er versucht, sie während einer Reise in seine Heimat wieder zu finden und wird in der nordostanatolischen Provinzstadt Kars damit konfrontiert, dass dieser Identitätsverlust nicht nur ihm widerfahren ist, sondern auch andere Menschen getroffen hat. Das Erlebnis der Aufführung wird manchen neugierig gemacht haben, nun auch Orhan Pamuks Buch zu lesen. Dieser einmalige Theaterabend, der hervorragend besucht war, macht gespannt auf weitere Arbeiten von Petra Clemens.
Manfred Demmer


Leverkusener-Anzeiger, 17.November 2006
"Jetzt weiß ich erst, worum es geht"
"Schneekristall" - eine inszenierte Lesung, die den Roman des Nobelpreisträgers aufbricht. Das Stück von Ulla Klomp und Petra Clemens im Kulturausbesserungswerk vermittelte gefühltes Verständnis statt intellektueller Erkenntnis. 

Schneeflocken fallen von oben. Das liegt in ihrer Natur. Von oben sprachen die sechs Schneekristalle ihren Text ins Publikum. Dazu mussten die fünf Schauspielerinnen und der eine Schauspieler über die Leiter bis knapp unters Dach klettern. Die Stühle im Kulturausbesserungswerk in Opladen waren alle besetzt, als Ulla Klomp und Petra Clemens zum Theaterstück, das gleichzeitig als szenische Lesung gestaltet war, riefen. Und wie der Schnee in der Sonne zerfließt, so war auch diese Inszenierung von begrenzter Dauer: Nur ein einziges Mal war sie im Rahmen der Aktion "Ein Buch für die Stadt" zu sehen. Doch im Vergleich zum Gesamtprogramm war dieser Beitrag zwischen Euskirchen, Köln und Bergisch Gladbach einzigartig, denn Ulla Klomp hat einen ungewöhnlichen Zugang zum Roman "Schnee" von Orhan Pamuk gefunden - eine Spurensuche. Die Leverkusener Autorin, Mitglied im deutschen Pen-Club, geht über die Vorlage hinaus. Sie bricht sie auf. Sie deutet und erörtert den Text. Sie lässt die Personen zu Wort kommen, nicht etwa, indem diese die Textzeilen eins zu eins wiedergeben - das auch -, sondern indem sie ihre Gefühle offenbaren. Das trifft vor allem auf Ka (Benjamin Trzeciak) und die Turban-Mädchen zu. In Petra Clemens fand sie eine Regisseurin, die diese Ideen berührend-bildhaft umgesetzt hat. In der Funktion der Spielleiterin versteht sich Ulla Klomp als Mittlerin zwischen Autor und Publikum und als Bindeglied zwischen Darstellern und Romanfiguren. So fallen die handelnden Personen auch aus ihrer Rolle.

"Warum müssen Nobelpreisträger immer so lange Sätze schreiben", fragt Suney, der selbstverliebte, revolutionäre Mime im Buch. Ihn gab Dirk Volpert mit aller narzisstischen Selbstgefälligkeit, die ihm zu Gebote stand. Eine bunt gemixte Gruppe aus Ensemblemitgliedern des Hitdorfer "matchboxtheaters" und neugieriger Nachwuchsschauspieler hatte Petra Clemens um sich geschart. Die Probenphase war kurz. Natürlich ist perfekt anders, doch darum ging es nicht, vielmehr darum, das Buch zu vermitteln; seine Brisanz, seine Traurigkeit und seine Menschlichkeit aufzuzeigen. Wenn Ipek (Petra Clemens) mit ihrer Schwester Kalife (Melanie Rehbein) spricht, die eine ohne, die andere mit Kopftuch, dann verdichtet sich das Fazit die Romans: Beide Frauen haben mit ihrer jeweiligen Einstellung Recht. Dass die Schwestern auf dem Fenstersims in dieser Halle sitzen, in der der Putz bröckelt und in der es noch immer kalt ist, weil die Heizung erst im kommenden Jahr einbaut wird, sagt mehr über die Atmosphäre des Romans aus als jede noch so wissenschaftliche Abhandlung darüber. Zwischen gefühltem Verständnis und intellektueller Erkenntnis liegen Welten. Doch das Empfinden schlägt die Brücke zum Roman: "Ich wünsch´ mir das Buch zu Weihnachten", sagte eine Zuschauerin. Auch Karin Sobczyk, Schneekristall und Turban-Mädchen, hat beschlossen, die 500 Seiten zu lesen: "Jetzt weiß ich erst, worum es geht".
Ingeborg Schwenke-Runkel


Leverkusener-Anzeiger, 3.November 2006
Spuren im Schnee
Ein Theaterstück zum Roman "Schnee" von Orhan Pamuk.

Die Proben haben begonnen, und so wie Ka, der Schriftsteller im Roman von Orhan Pamuk „Schnee“ auf der Suche nach sich selbst ist, sucht auch das Ensemble um Regisseurin Petra Clemens und Autorin Ulla Klomp noch nach dem richtigen Weg.

„Schneekristall“ haben die beiden Leverkusenerinnen das Projekt genannt, das sich zu einem der interessantesten im Rahmen der Aktion „Ein Buch für die Stadt“ entwickeln könnte. Denn das, was der Nobelpreisträger in seinem Roman andeutet, nimmt auf der Bühne im Kulturausbesserungswerk konkrete Formen und Gestalt an.

Gedichte spielen im Buch eine entscheidende Rolle. Doch der Leser erfährt nur Bruchstückhaftes über sie. Die Schreibblockade, unter der Ka in Frankfurt leidet, löst sich während des Schneegestöbers auf. Leise, doch stetig fällt der Schnee. Er legt sich über die anatolische Provinz Kars. Doch hier, in der gewohnten Umgebung, die ihm vertraut und fremd zugleich ist, fließen ihm die Worte wieder zu. Allerdings geht das Notizbuch, in dem sie stehen, auf geheimnisvolle Weise verloren. Nur die Titel sind erhalten und die Form, in der Ka sie als Sammlung miteinander verknüpft wollte: in Gestalt eines Schneekristalls. Die Spuren, die Orhan Pamuk in den Kapiteln seines Buches legt, greift das Autorenteam auf und rekonstruiert anhand von „Textindizien“ eines dieser Gedichte.

Natürlich wird das Hauptsymbol des Romans zitiert. Sechs personifizierte Schneekristalle kommentieren wie ein Chor in der antiken Tragödie die Handlung und treiben sie voran. Doch die sechs Schauspielerinnen wechseln auch die Rollen und schlüpfen dann in die Kleidung der Turbanmädchen. Die zum Verständnis notwendigen Textstellen liest „ein Spielleiter“, und das ist die Autorin Ulla Klomp selbst. Die Musik zum Theaterstück, das von der „Zerbrechlichkeit von Menschen, Schneekristallen und Gedichten“ handelt, stammt von der CD „Asya“.

Am Sonntag, 5. November, beginnt das Lesefest „Ein Buch für die Stadt“ mit einer Matinee im Schauspielhaus Köln. An vier verschiedenen Orten können anschließend bis zum 17. November auch Leverkusener Leser ganz unterschiedliche Kapitel von „Schnee“ aufschlagen.
Ingeborg Schwenke-Runkel


Rheinische Post, 30.Oktober 2006
KAW: „Einfach weitermachen“

OPLADEN. Von der baufälligen Ruine zum Zentrum für Veranstaltungen jeder Art - das Kulturausbesserungswerk (KAW) in Opladen hat sich in den vergangenen fünf Jahren von der Baustelle zum Treffpunkt für Jung und Alt gemausert.

Das kleine Jubiläum wurde am Samstag von den Organisatoren, Freunden, Bekannten und Besuchern mit einer großen Party gefeiert Einfach immer weitermachen”, so ist laut Petra Clemens vom KAW die Devise der rund 25 Leute, die täglich viel Arbeit und Liebe in das Haus und die Veranstaltungen stecken. Dass sich die Mühe gelohnt hat, bewiesen die vielen Besucher, die am Wochenende zur Party kamen. An langen Tischen drängten sie sich dicht an dicht, unterhielten unterhielten sich über die Ereignisse der letzten fünf Jahre  oder verfolgten das abwechslungsreiche  Programm.

Erste Veranstaltung im Schutt

Mit Konzerten, Filmen, kabarettistischen Beiträgen, Artistikvorführungen und einer Zaubershow konnte das Kulturausbesserungswerk an diesem Abend aufwarten, und die Gäste ammüsierten sich prächtig. Nicht nur kleine Besucher beteiligten sich eifrig an der Rallye, bei der es zum Teil knifflige Fragen zu beantworten galt. Eine Ausstellung aus Fotos und Zeittafeln dokumentierte die letzten fünf Jahre.

“Nicht alles, was hier an Veranstaltungen geboten wird interessiert mich”, erzählte Birgit Kohlhass. “Aber das Angebot ist so breitgefächert, das einfach für jeden mal was dabei ist.” Ein solches Angebot sei “total wichtig”, und die unterschiedlichsten Menschen träfen im Kulturausbesserungswerk aufeinander. Birgit Kohlhaas selbst ist vor vielen Jahren von Leverkusen nach Köln gezogen, weil das kulturelle Angebot in Leverkusen zu trostlos gewesen sei. “Ich finde es toll, dass es nun das Kulturausbesserungswerk gibt und ich komme regelmäßig zu Veranstaltungen aus Köln hierher”, berichtete Birgit Kohlhaas. Vorträge, Lesungen, Ausstellungen, Filmabende, Tanz, Konzerte, Musicals, Trödelmärkte, Podiumsdiskussionen, Fußballturniere und vieles mehr stehen jedes Jahr auf dem Programm.

Angefangen hatte 2001 alles jedoch im kleinen Stil. Am 1. Oktober unterschrieben die Mitglieder des Förder- und Trägervereins Freie Jugend- und Kulturzentren Leverkusen e.V. den Mietvertrag der Halle mit der Deutschen Bahn. Unzählige Arbeitsstunden mussten die freiwilligen Helfer zunächst in die Baustelle stecken, ehe überhaupt Gäste empfangen werden konnten. Vorher und zwischendurch gab es Gerangel mit den Bauaufsichtsexperten bei der Stadtverwaltung. Geplant ist, die Kulturstätte auch beim Bau der Neuen Bahnstadt Opladen zu erhalten.

Die ersten Veranstaltungen fanden noch zwischen Bauschutt und Farbeimern statt. Zwar muss die Halle demnächst noch Heizung und Schallisolierung bekommen, doch als Veranstaltungsort hat sie sich inzwischen länsgt bewährt. Informationen rund um das KAW und die kommenden Veranstaltungen gibt es im Internet unter www.kulturausbesserungswerk.de
Claudia Proske


Leverkusener-Anzeiger, 27.Oktober 2006
Auferstanden aus Ruinen

Eierschlachten, Räumungsklagen, Happenings und Hausbesetzungen. Das war einmal die politische Ursuppe, aus der 1976 eine umtriebige Einrichtung mit dem umständlichen Namen „Förder- und Trägerverein Freie Jugend- und Kulturzentren“ entstanden ist. Würze dieser Suppe war quasi das Wiesdorfer Jugendhaus der Arbeiterwohlfahrt - ein Club, in dem man sich in der Drogenarbeit engagierte. Einer der Zivis hieß Wilfried Schmickler.

Wie seine späteren Kabarettisten-Kollegen Jürgen Becker, Wolfgang Müller-Schlesinger oder Klaus D. Huber denkt er noch heute wehmütig an Stationen im autonomen Jugend- und Kulturzentrum „TT Embargo“ oder den kleinen, aber feinen „Schweinesaal“. Der „Club“ war Zentrum der Leverkusener Jugendkultur. Nichts für Brave und Gebürstete - Widerstand war angesagt, 1968 ließ grüßen.

Das Publikum verstand sich „als erklärt links bis anarchisch oder auch nur gegen alles, radikalökologisch, kurz: autonom, wobei die angestellten Sozialarbeiter ihrem Publikum näher stehen, als ihrem Arbeitgeber, der Awo“, schreibt Klaus Wolf in seinem Essay „Komm lass' mer noch en lecker Bierche trinke“. Das wiederum wäre das Stichwort für die Party am Samstag, 28. Oktober, 18 Uhr, im Kulturausbesserungswerk an der Kolberger Straße - das Kulturausbesserungswerk (KAW) ist quasi die Fortsetzung und feiert seinen fünften Geburtstag. Dort arbeiten unter anderen der Flüchtlingsrat, die Antifaschistische Aktion Leverkusen, die Nicaragua AG, das Leverkusener Kleinkunst- und Kabarett-Komitee und der „Verein Politisches Bewusstsein“. Die Party mit Kunst und Artistik, Livemusik, Zauberei und Kabarett ist mit einer historischen Ausstellung verbunden und einem großen Buffet, das im Eintrittsgeld von fünf Euro enthalten ist. Wie Kulturausbesserer und Kabarettist Wolfgang Müller-Schlesinger erklärt, freut man sich auf „alte Weggefährten und -gefährtinnen und überhaupt auf alle Menschen, die ein unabhängiges Kulturzentrum ganz großartig finden.“

Der Journalist Timo Glatz hat in einer kleinen Zeitreise die Etappen der vergangenen fünf Jahre aufgezeigt. Im ehemaligen Ausbesserungswerk der Bahn fand man in einem sanierungsbedürftigen Gebäude samt Halle eine neue Bleibe, nachdem 1997 im Schweinesaal eine Wäscherei eingezogen war, und die Veranstaltungen fortan in Schulfoyers und Turnhallen schon Exilcharakter erlangt hatten. Doch gab es auch am neuen Standort unerfreuliche Kapitel und Hürden. Trotz des hohen Einsatzes - jeden Samstag packten die Kulturausbesserer auf der Baustelle unentgeltlich mit an - war es lange eine Zitterpartie, ob die Bahn die Verträge verlängern würde. Auch die Stadt machte durch Auflagen und Sondergenehmigungen den Ablauf nicht gerade leicht. Doch wie Müller-Schlesinger betont, hat man die Querelen überstanden, im August 2004 genehmigte die Stadt einen Bauantrag zur Sanierung, das KAW wurde legal. „Die Ampeln stehen alle auf grün.“

Das Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport wurde auf die multikulturellen Projekte aufmerksam und sagte eine Förderung im Landesprogramm „Initiative ergreifen“ zu. Man ist Teil des Projekts Neue Bahnstadt, das Kulturausbesserungswerk soll nach Ansicht der Planer ebenso wie der alte Wasserturm und das Kesselhaus unbedingt erhalten werden.
Jan Sting


Leverkusener-Anzeiger, 21.September 2006
„Alles auf Ex“ gewann

Das ausverkaufte Kulturausbesserungswerk im „Oscar-Fieber“: Am Wochenende wurden beim „2880-Grand Prix du Film“ in Opladen die besten Kurzfilme gefeiert. „Es wurde uns nicht leicht gemacht, eine Entscheidung zu treffen“, sagte Fernsehproduzent Christoph Krachten aus der siebenköpfigen Jury. Doch um 22.30 Uhr waren die Würfel gefallen, und der Gewinnerfilm 2006 stand fest: „Alles auf Ex“, ein Dokumentarfilm über eine junge Frau, die unter einer seltenen Zwangsneurose leidet. Der Jubel beim Gewinnerteam „Pan Paniscus Perlen“ war groß, Teamchefin Sheila Mertens fassungslos: „Wir sind ganz geplättet.“

Zweiter wurde der Actionfilm „Hauptsache Egal“ von dem Team „Hell's Angels, der außerdem den Publikumspreis erhielt. Für die beste schauspielerische Leistung in einem 2880-Film wurde in diesem Jahr Rabea Wyrwich in „Alles auf Ex“ ausgezeichnet. Ausgelobt für die beste original Filmmusik in einem 2880-Film wurden Oliver Hammerschmidt und Gereon Helmer vom Team „Überleben ist Glückssache“ für den Song „Sing mit mir“ in dem gleichnamigen Dokumentarfilm. Bis in die frühen Morgenstunden feierten die Filmfans ihre Gewinner, und auch die Organisatorinnen Petra Clemens, Charlotte Fechner und Meike Walcha zeigten sich mit dem Abend äußerst zufrieden. Sie alle freuen sich schon auf das nächste 2880-Filmfestival, wenn es zum vierten Mal darum gehen wird, innerhalb von 48 Stunden mit ausgelostem Titel und Genre einen maximal fünf Minuten langen Film zu drehen.
(sf)


Leverkusener-Anzeiger, 13.September 2006
Drei Arten zu sterben

Insgesamt 43 Kurzfilme unterschiedlichster Art wurden zum dritten Mal - diesmal in vier Blocks unterteilt - dem filmbegeisterten Publikum gezeigt. Die Aufgabe jedes Teilnehmers war, zu einem ihm zugelosten Thema und Genre einen Film zu drehen. Der Clou dabei: Jedes Team hatte nur 48 Stunden - oder eben 2880 Minuten - Zeit. Dann musste der Film fertig und abgegeben sein. Den Teilnehmern des Wettbewerbs waren in ihrer Kreativität keine Grenzen gesetzt. So gab es etwa von den „Hell´s Angels“ einen Actionfilm mit dem Titel „Hauptsache egal“ zu sehen - ein mit Lego-Figuren animierter Kurzfilm, der durch das Können der Darsteller und originelle Wortspiele auffiel.

Überhaupt wurde auch der Filmwettbewerb an sich nicht immer ganz ernst genommen - wie vom Team „Testlawine“, das unter dem Motto „Alles wird gut“ einen Horrorfilm drehte. In diesem überlegen vier Freunde exemplarisch, wie sie am besten einen Horrorfilm zu dem Leverkusener Filmwettbewerb drehen und welche Art zu sterben sie am unheimlichsten finden. Prompt wurden drei des Quartetts auf eben „ihre“ Art umgebracht, der vierte nahm die „Morde“ per Kamera auf und schon war ein perfekter kleiner Film im Kasten.

Viel Heiterkeit erregten misslungene Schnitte, allzu passende Musik oder flapsige Sprüche wie „Jetzt gibt's was auf die Erbse, Prinzessin“ aus dem Thriller „Märchensalat“ von der Gruppe „Musikauge“. Einziger Wermutstropfen waren Tonaussetzer, die aber nicht am Tontechniker des Forums lagen, sondern an der Aufnahme der Filme, wie Organisatorin Petra Clemens versicherte. Clemens hatte die Idee des Filmwettbewerbes aus London mitgebracht und sich vor drei Jahren gedacht, „das können wir hier auch“. Die Idee hat sich inzwischen über die Stadtgrenze Leverkusens hinaus verbreitet. Kölner, ja sogar Berliner machten diesmal mit. Die meisten Teilnehmern hatten aber per Mundpropaganda von dem Wettbewerb erfahren. So wie die 24-jährige Kristine Warm, die auf Hinweis eines Freundes teilnahm. Ihr Team „JTL-Squad“ zeigte sich denn auch gut durchorganisiert. „Wir haben uns Freitagabend ans Drehbuch gesetzt und am Samstag dann alles gedreht“, berichtete Kristina. Nur beim Schneiden und Vertonen hätten sie kleine Probleme gehabt - „aber von dem Endergebnis sind wir alle begeistert und sehr zufrieden“.

Die elf Finalisten, vom Publikum bestimmt, werden heute, 13. September, im Internet bekannt gegeben. Am Samstag, 16. September, werden dann die Arbeiten nochmals im Kulturausbesserungswerk gezeigt. Dort wird der endgültige Gewinner von einer Jury bestimmt.
Annika Golze


Leverkusener-Anzeiger, 27.Mai 2006
Künstler und Konsumenten angeklagt
Experimentelles Tanztheater: Wer nicht in die Norm passt, muss sterben. 

Alle wollen das Schöne, das Entspannende, das Sich-keine-Gedanken-machen-müssen. Lächeln ist gefragt, knackige Popos und Busen. Und wer nicht mitmacht, der stirbt mit Angst und Verzweiflung in den Augen, der wird ermordet. Düster und grau war diese Botschaft, so ganz und gar hoffnungslos, die von 14 Akteuren im Rahmen der "Impertinale" im Opladener Kulturausbesserungswerk (KAW) in Szene gesetzt wurde. "Gedanken aus Stein" war der Titel des Abends. Alle wollen das Schöne: die Frau mit Einkaufswagen, der Mann mit Leiter, der Fußballfan, der Geschäftsmann, der Nachdenkliche, der Hocherfreute, der Traurige, der Gute und der Böse - eben alle.

 Fein differenziert passierten die verschiedenen Charaktere das Publikum, ohne Kommentar. Und irgendwie, irgendwo fand sich jeder Gast wieder. Eine Bühne gab´s nicht. Das Geschehen fand in einer riesigen, dunklen Halle statt, das spärlich erschienene Publikum mittendrin. Schemenhaft waren die Werkbänke an den Seiten zu erkennen. Wer sich auf einen gemütlichen Theaterabend im gepolsterten Sitz gefreut hatte, wurde enttäuscht. Kälte kroch vom Betonboden in die Beine.

 Als dann die "Hot Socks" loslegten, änderte sich die Stimmung radikal. Die fünf jungen Frauen tanzten nach der Manier einer Samstagabend-Show, synchron lächelnd, aufreizend. Das Publikum spendierte spontan Applaus. Es wurde zur Menschenmasse, die der leichten, lockeren Kulturshow zusprach. Durch welche unterschwelligen Mechanismen die beiden Regisseure Petra Clemens und Marcel Lamour dieses Publikums-Verhalten erreichten, verschloss sich dem Zuschauer. Gegenstück der "Hot Socks" war eine Ballerina, zart und anmutig. Tanzen solle sie, forderte das Volk brutal. Aber das Mädchen konnte nicht. Zu groß war ihre Angst, die ihren Körper lähmte. Die Angst blieb (leider) diffus. Die Zuschauer konnten nur spekulieren - und erkennen, dass dieses hilflose Wesen eben nicht reinpasst in die Samstagabend-, in die Kultur-Show. Und wer in die Norm nicht reinpasst, muss sterben, wird von der Masse getötet.

 "Gedanken aus Stein" ist eine Anklage. Angeklagt sind nicht nur die Kulturschaffenden, sondern auch die Konsumenten. Hart sind sie, die Gedanken, die keinen Lichtblick in die Zukunft erlauben, aufdringlich und frech, eben impertinent. Und mit einer Ausbesserung kann diesem so dargestellten Kulturbetrieb längst nicht mehr geholfen werden.
Ursula Fuchshofen


Rheinische Post, 16.Mai 2006
Irritierender Late night talk

„So nervös wie heute bin ich sonst nicht“, sagt Regisseurin Frauke Havemann. „Schließlich haben wir das Stück schon x-Mal gespielt und ich weiß, dass es läuft.“ Dass die 45-Jährige vor der Aufführung von „Hotel Radio“ trotzdem etwas angespannt war, lag daran, dass sie erstmals in ihrer alten Heimat etwas von ihrem Schaffen präsentierte.

Havemann ist in Opladen aufgewachsen, hat in Köln eine Ausbildung in klassischem Ballet gemacht und das Studium dann in New York fortgesetzt. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Köln landete sie schließlich 1986 in Berlin, wo sie unter anderem als Choreographin, Tänzerin und Tanzlehrerin gearbeitet hat. „Irgendwann hatte ich einfach ein starkes Textbedürfnis“, erklärt die Wahl-Berlinerin, wie sie zur Regie gekommen ist. „Aber ich bin keine klassische Regisseurin, die immer nur Anweisungen gibt“, sagt sie. „Und ich bin auch kein Freund von klaren Kategorien, was Tanz ist, was Schauspiel.“

Bei dem Stück „Hotel Radio“, das im Rahmen der ersten Opladener Impertinale im Kulturausbesserungswerk zu sehen war, handelte es sich um eine Video-Live-Performance mit dem Schauspieler Neal Schefter. Die rund 40 Zuschauer erlebten dabei, wie ein Radiomoderator im Schein einer kleinen roten Lampe an seinem Schreibtisch saß und eine Art „Late night talk“ führte – immer wieder unterbrochen von Tonstörungen, Einspielungen von Musik und Geräuschen. Seine wechselnden Gesprächspartner waren auf zwei Monitoren zu sehen, die im dunklen Nichts um den Schreibtisch zu schweben schienen und den Blick des Publikums auf sich zogen. Der Moderator dagegen hielt seinen Blick starr auf die Tischplatte gerichtet. Ein echter Dialog zwischen ihm und den anderen kam kaum einmal zu Stande, die meiste Zeit redeten sie aneinander vorbei oder gegeneinander an, wurden durch Einspielungen unterbrochen.

Dass es trotzdem Spaß machte, dem zuzuhören, lag vor allem an Waches „Radio-Stimme“, die sanft und wohltuend aus den Boxen in den Raum strömte und die These der Wise Guys bestätigte, die in einem ihrer neuen Lieder singen: “Es ist doch ganz egal, wie sehr ein Mann sich kapriziert, es geht nix über ’ne Stimme, die im Bauchnabel vibriert.“ Die Video-Live-Performance „Hotel Radio“ passte wunderbar zum Motto der Impertinale „Kreativ, aber lästig… lästig, aber schön… schön, aber nervend… nervend, aber interessant!“. Mit der Ankündigung einer „wunderbar seltsam-irritierenden Atmosphäre der Inszenierung“ hatten die Organisatoren nicht zu viel versprochen. Und als die Unsicherheit, ob das Stück nun zu Ende sei oder nicht, einmal verflogen war, belohnte Applaus die Mitwirkenden und Regisseurin Frauke Havemann. Heimspiel gewonnen.
Katharina Becker


Leverkusener-Anzeiger, 15.Mai 2006
Zwischen Wetter und Entenjagd
Bizarre Bilder zeigte die Video-Performance "Hotel Radio" am Freitag im Kulturausbesserungswerk.

Im Dunkeln flimmern zwei graue Fernseh-Monitore. Ein dritter zeigt die Umrisse einer Brille, dahinter ein in rot getauchtes Männergesicht: Ein Radio-Moderator, der seine Zuhörer begrüßt. Später tauchen auch auf den anderen Bildschirmen Männergesichter auf. Zunächst schweigend. Später redet einer mit dem Moderator, der an einem Tisch sitzt und mit sanfter, warme Stimme spricht. Sie verschwinden, die Gesichter mit den eindringlichen Blicken, tauchen wieder auf.

Jemand redet über das Wetter. Zwischendruch ein schriller Piepton. Offenbar versucht jemand, den Sender zu wechseln. Dann eine Radio-Talkshow. Plötzlich die Stimme einer Frau. Der Mann im zweiten Bildschirm redet über Entenjagd.

Geräusche und Stimmen verschwimmen zu einem einzigen, grotesken Durcheinander. Plötzlich wieder Stille. „Hotel Radio“ ist eine Video-Performance, die in ihren Bann zieht. Es ist ein englischsprachiger Dialog von Live-Performance, eingespielten Geräuschen und Video-Material. Großartig inszeniert von der Leverkusenerin Frauke Havemann, die ihre Zuschauer im Kulturausbesserungswerk am Freitag mit auf eine verwirrende, bizarre Reise nahm, in der die Grenzen zwischen Wirklichkeit und ihrer verzerrten Wahrnehmung im Medienzeitalter verschwimmen. Performer Neal Wach, der sämtliche Rollen der Inszenierung überzeugend spielt, beeindruckte mit einer Wandlungsfähigkeit in Mimik und Stimme. Die Technik übernahm Eric Schefter. Die Berliner Produktion wurde im Rahmen der ersten Opladener Impertinale gezeigt.
Maria Wadenpohl


Leverkusener-Anzeiger, 11.Mai 2006
Kultadresse für Jung und Alt
Im Kulturausbesserungswerk in Opladen ist immer was angesagt

Immer wieder beklagen junge Menschen, dass es in Leverkusen kaum Freizeitangebote gibt. In loser Folge stellen "Junge Zeiten" einige Treffpunkte vor - heute das "KAW", das so genannte Kulturausbesserungswerk in Opladen.

Mitten in Quettingen, an der Kolberger Straße, liegt halb versteckt ein altes, unscheinbar wirkendes Backsteingebäude. Lediglich ein Schild mir der Aufschrift "Kulturausbesserungswerk" lässt darauf schließen, dass hier regelmäßig Veranstaltungen stattfinden. Und tatsächlich ist das "KAW", wie es kurz und prägnant genannt wird, mittlerweile selbst Kult geworden.

In dem ehemals von der Deutschen Bahn genutzten Trakt, eine ehemalige Schreinerei nebst angrenzendem Wohnhaus, finden Rockkonzerte statt, werden Hip-Hop- und Weltmusik-Partys organisiert, sind Ausstellungen zu sehen. Daneben gibt es ein weiter gehendes Angebot an Kultur und Kleinkunst; selbst über Stadtgrenzen hinaus bekannte Künstler geben sich hier die Klinke in die Hand. Und wer einfach nur einen Treffpunkt für Gespräche oder Vorträge sucht, ist hier ebenfalls richtig.

Im Erdgeschoss de Wohnhauses laden Kickertisch, Sitzgelegenheiten, und eine Theke zum gemütlichen Verweilen ein. Eine Gemütlichkeit allerdings, die so nicht immer herrschte, denn es mussten  umfangreiche Renovierungs- und Umbauarbeiten erledigt werden. Dennoch gab es im Programm nur geringfügige Einschränkungen, nebenher wurden immer wieder Veranstaltungen geboten, selbst wenn der Raum eher einer Baustelle glich. Schließlich hat auch eine Baustelle Flair.

Im KAW, das sich durch Veranstaltungen, Eintritt, Getränkepreise, monatliche Spenden und Projektmittel finanziert, gibt es keinen Leiter. Alle, die mitarbeiten, sind also gleichberechtigt. Die Geschichte lässt grüßen: Die Einrichtung des KAW gründet auf den Wurzeln des "Träger und Fördervereins freie Jugend- und Kulturzentren" aus den 70er Jahren.

Einmal im Monat findet ein Plenum statt, bei dem organisiert wird und Beschlüsse gefasst werden. Jeder Interessierte kann an diesem Treffen teilnehmen. Zu dem Plenum gibt es außerdem eigene Gruppen, die für unterschiedliche Bereiche verantwortlich sind. Die AG Veranstaltungskoordination betreut zum Beispiel die Homepage und organisiert die Raumbelegung, während sich die AG Öffentlichkeit um den Kontakt zu Bahn und Stadt bemüht.

Alle zwei Wochen sonntags findet das Veranstaltungsplenum statt, zu dem ebenfalls jeder hingehen kann. Interessierte Leute, die mithelfen wollen, sind immer willkommen. Das KAW, das mit der Buslinie 201, Haltestelle "Kolberger Straße", erreicht werden kann, ist immer abends geöffnet.

Das KAW vermietet die Räumlichkeiten auf Grund schlechter Erfahrungen nicht für private Feiern. Öffentliche kulturelle Veranstaltungen sind dagegen willkommen. Wer zum Beispiel eine Soul-Party im KAW auf die Beine stellen möchte, bekommt die Räume zur Verfügung gestellt. Um Kasse, Getränke und Werbung muss sich derjenige allerdings selber kümmern.

Jeden Mittwoch finden im KAW Veranstaltungen für Jugendliche und junge Erwachsene statt. Neben Vorträgen und Konzerten bietet der Mittwochabend die Gelegenheit zum Treffen. Die Jugendlichen kümmern sich dabei auch selbst um die Theke. Diese hat übrigens moderate Preise. Eine Flasche Bier kostet 1,50 Euro, eine Cola ist für 50 Cent zu haben, Wasser gibt's mitunter gratis. Eine Trennung von Jung und Alt wird zwar deutlich, wenngleich versucht wird,  diese Trennung zu vermeiden. Theater und Ausstellungen werden dennoch eher vom älteren Publikum besucht.
Katharina Kipp


Leverkusener-Anzeiger, 3.Mai 2006
Grund genug zum Feiern
Zum Kabarett und Tanz in den Mai im KAW gab es gleich zu Beginn eine frohe Botschaft.

„Wir können uns jetzt nur noch selbst im Weg stehen. Aber wenn wir alle an einem Strick ziehen, dürfte eigentlich nichts mehr schief gehen.“ Wolfgang Müller-Schlesinger kennt seine leicht anarchisch angehauchten Mitstreiter vom Kulturausbesserungswerk (KAW) offenbar zur Genüge, um im Augenblick des Triumphs erst mal kräftig auf die Euphoriebremse zu treten. Beim Kabarett und Tanz in den Mai, mit dem am Sonntagabend dreifacher Jahrestag gefeiert wurde, verkündete Müller-Schlesinger als Moderator gleich zu Beginn eine frohe Botschaft.

Halle wird Heimstatt

Sobald die letzten Verträge zwischen Stadt und Bahn über das Gelände des ehemaligen Ausbesserungswerks unterschrieben seien, bekomme das KAW rund eine halbe Million Euro vom Land zum Ausbau der Halle. Die werde darüber hinaus von den anstehenden Abrissarbeiten verschont und biete der alternativen Kulturszene somit dauerhaft eine Heimstatt. Und das zum Dreifach-„Jubiläum“ acht Jahre Kulturausbesserungswerk, zehn Jahre Kabarett und Tanz in den Mai und 30 Jahre Förder- und Trägerverein freie Jugend- und Kulturzentren in Leverkusen.

Einer gut gelaunten Feier stand damit nichts mehr im Wege, wozu beispielsweise „Ars Vitalis“, Wilfried Schmickler, Charla Drops und Michael Meierjohann nach Kräften beitrugen. Neben arrivierten Kabarettisten und Comedians wurden dem Publikum in der ausverkauften Halle aber auch neue Talente wie Mirka Pigulla vom Jungen Theater Leverkusen präsentiert.

Relativ pünktlich zum Beginn des „Wonnemonats“ begann dann der zweite Teil des langen Abends mit dem Tanz in den Mai. Und Grund zum ausgelassenen Feiern gab es nach Müller-Schlesingers Ankündigung wahrlich mehr als genug.
Hartmut Zitzen



Leverkusener-Anzeiger, 22.April 2006
Gedränge am Kiosk
Um Liebe, Frust und Freundschaft dreht sich „Clerks“ - ein Theaterstück des Kulturausbesserungswerks, das heute Abend Premiere feiert.

„Eigentlich bin ich heute gar nicht dran.“ Dieser Satz kommt dem 22-jährigen Dante Higgs an diesem einen Tag alle paar Minuten über die Lippen. Denn Dante hätte heute seinen freien Tag gehabt, wenn . . . ja, wenn sein Chef nicht einfach nach Bielefeld gefahren und ihn im Kiosk, in dem Dante jobbt, allein gelassen hätte. Aber nun steht er da, bedient Kiffer, Kaugummi-Vertreter, die seine Kunden vom Zigarettenkauf abhalten, und andere merkwürdige und pöbelnde Typen, die vorbeikommen.

Nebenbei philosophiert er mit seinem Kumpel Randall vom benachbarten Videoverleih über Beziehungen, Sex und das Leben, das der frustrierte Dante in jüngster Zeit besonders schwer nimmt. Seine Freundin Veronica hängt ihm ständig in den Ohren, er solle etwas aus seinem Leben machen, und seine Ex-Freundin Caitlin, an der er noch immer hängt, will einen asiatischen Design-Studenten heiraten. Während die ewig bekifften Dealer Jay und Silent Bob vor der Kiosk-Türe Weisheiten von sich geben und sich Randall über alles und jeden lustig macht, dreht Dante langsam durch.

Die bisher größte Produktion vom Theater des Kulturausbesserungswerks (KAW) haben 50 Laienschauspieler aus dem Umfeld des Werks in Anlehnung an den Film „Clerks - Die Ladenhüter“ von Kevin Smith auf die Bühne gebracht. Regie und Bearbeitung übernahmen Petra Clemens und Benjamin Trzeciak, der gleichzeitig die Rolle des Randall spielt. Rund ein halbes Jahr haben die Schauspieler geprobt - „ein Riesenspaß, weil man sich untereinander kennt“, erzählte Clemens bei der Generalprobe am Donnerstag. Weil sich derart viele Leute allerdings nur schwer auf einen Probetermin einigen können, konnten viele Agierende erst bei der Generalprobe das Endprodukt bestaunen.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Das vor Sarkasmus strotzende Stück wird vor allem ein junges und jung gebliebenes Publikum ansprechen sowie Fans von Kevin Smith, der - lange nach „Clerks“ - unter anderem durch den Film „Dogma“ bekannt wurde. Ältere Theaterbesucher könnten eventuell an der direkten und derben Sprache Anstoß nehmen.

„Clerks“ wird an diesem Samstag und Sonntag jeweils um 20 Uhr im Kulturausbesserungswerk aufgeführt. Einlass ist um 19.30 Uhr. Der Eintritt kostet vier beziehungsweise sechs Euro. Die Premiere ist bereits ausverkauft.
Maria Wadenpohl


Leverkusener-Anzeiger, 10.April 2006
Musikalische Flaschenpost
Wenn Rocker wieder zusammen rücken, ist das fürs Publikum elektrisierend. Das Kulturausbesserungswerk brachte ein spannungsreiches Wiedersehen auf die Bühne.

Ein paar Seniorinnen stehen vor einem Hauseingang an der Kolberger Straße in Opladen - in der Hand die Zweige, die sie aus dem Gottesdienst mitgebracht haben. Es war die Palmweihe. In den Vorgärten blühen die Frühlingsblumen. In Richtung des Kulturausbesserungswerks (KAW) bummeln derweil jede Menge Konzertbesucher und Musiker. Manche haben wilde Korkenzieherlocken, auf den Jacken sind Bilder und Botschaften zu sehen, die man erst einmal verstehen muss. Es sind Punks. „Heino“ heißt einer aus ihrer Gruppe. Und er habe extra „seinen Planeten“ Köln verlassen, um im KAW das „Reunion-Festival“, was sich mit Wiedervereinigung mittlerweile zerstobener Gruppen übersetzen ließe, zu besuchen.

Reise rückwärts

Eine Art musikalischer Flaschenpost aus den 90er Jahren also. Das war Heinos große Zeit. Das Reunion-Festival hatte Petra Clemens vom KAW unter anderem auch deswegen organisiert, damit jüngere Besucher des KAW einmal einen Eindruck erhalten, „was damals so abging.“ Nun sind die 15 Jahre alten Zeiten, die die 14 geladenen Bands auf der Reise rückwärts wieder aufleben ließen, nicht die Welt. Zwar ließen sich auf der Bühne Studien betreiben, wie weit zum Beispiel der Haarausfall bei mittlerweile 30-Jährigen fortschreitet. Zumal für Punker mit Irokesenschnitt ist das eine äußerst ärgerliche Angelegenheit.

Aber schließlich ging es ja um die Musik. Und da konnte man nur „alle Achtung“ sagen. Ohrenbetäubend war es. Aber auch mitreißend. 20 Minuten hatte jede Band auf der Bühne Zeit. Mehr nicht. Die Gruppe „Second to none“ stimmte denn auch gleich den Titel „Nutze die Zeit“ an. Und was grölend, kreischend, mitunter aggressiv klang, war eigentlich ein zutiefst sympathisches „memento mori“, die Aufforderung angesichts der Vergänglichkeit etwas aus seinem Leben zu machen. Sven Thelen und Christian Grombein sangen sich die Seele aus dem Leib - temporeich und elektrisierend. Die Gruppe gibt es in ihrer ursprünglichen Konstellation nicht mehr. Gitarrist Paco Garcia war aber eigens für die „Reunion“ aus Spanien angereist. Manche Namen klingen auch heute in der Leverkusener Szene klangvoll. Michael Bergmeister, früher Mitglied der Band „The autum Stone“, hat heute die „Bergmeister“-Band, und Florian Eckmann, der einst eine Laborkatze war, ist heute Tonmeister in Opladen. Zu hören waren auch Audioscope, Alice Springs, Transgression, Solitary Confinement, Quest for Rescue, Madschnun, MCMLXXXI oder Point One. Second to non, Dead Birnen und Malva wollen wieder öfter gemeinsam Musik machen.

Was Petra Clemens besonders gefiel, war die Tatsache, dass sich die Musiker treu geblieben sind. Keiner erschien in Schlips und Kragen, das was in der Jugendzeit womöglich Protest gewesen war, klang nach wie vor nach überzeugenden Persönlichkeiten. Auch der Klamauk kam nicht zu kurz. So machte die Gruppe Madschnun eine Show, eine Persiflage in der man mit Judomantel, Uniform und Schlafanzug auf die Bühne trat. Es war, als träfe Revolutionsführer Gaddafi auf Beethoven-Fan Alex, Führer einer Jugendgang im Kultfilm Clockwork Orange.

Mit ihrer Aktion dürften Petra Clemens und das KAW wohl einen Volltreffer gelandet haben, denn beide Konzertabende waren ausverkauft. Sogar ihre beste Freundin konnte Clemens nicht mehr reinlassen. Auch „Heino“ und seine Freunde mussten draußen bleiben, obwohl sie eigens ihren Planeten Köln verlassen hatten.
Jan Sting


Kölner Stadt-Anzeiger, 7. Februar 2006
Kurze Büttenreden und kleine Pannen
„Leverkusens Kleinste Sitzung“ tagt wieder im Opladener Kulturausbesserungswerk.

Es ist zwar, wie der Name verrät, „Leverkusens Kleinste Sitzung“, kurz „LKS“. Dort trifft, im Sinne ihres Gründers, dem verstorbenen Johannes Boddenberg, „Kabarett auf Krneval“. Es ist jedoch sicher nicht „Leverkusens Kürzeste Sitzung“: Denn zwar dauerte das wilde Treiben im Café der Halle vor knapp 100 Besuchern bei der Premiere am Sonntag nicht, wie von Moderator Wolfgang Müller-Schlesinger angedroht, bis fünf Uhr in der Früh, aber dennoch bis nach Mitternacht; Nicht nur die verzweifelte Suche nach einem Prinzen in der Umkleidekabine, die die Zuschauer per Video verfolgen konnten, zögerte die Sitzung hinaus.

Auch viele kleinere und größere Pannen sorgten immer wieder für Verzögerungen – die den Charme der Sitzung aber freilich bereichern: Berthold Kästner hals da nicht nur als Hausmeister, wo er konnte, Müller-Schlesinger moderierte ebenso souverän wie ausführlich, außerdem sorgten zahllose Kürzest-Büttenreden für Kurzweil. Außerdem hat das Team noch Michael Meierjohann, der in die verschiedensten Rollen schlüpft und so auch die verfahrensten Situationen, ob geplant oder nicht, rettet.

Das Programm konnte sich sehen und hören lassen: Die Percussion-Gruppe „Notausstieg“ der Musikschule Leverkusen holte zu elft aus blauen Tonnen sowie dem Fassungsvermögen der Bühne alles heraus. Immer wieder streute der „Chor Freitag“ fröhliche, aber weitestgehend nichtkarnevalistische Lieder ein.

Andreas Bender bot einen kabarettistischen Abriss der Leverkusener Lokalpolitik, es wurde der 750. (!) Geburtstag der Stadt gefeiert. Mark Welte besuchte seine Heimatstadt, „Zwei kleine Italiener“ hatten „Spaß an der Freud“, Bea Dastis-Schenk spielte Schattentheater und die Band „Die Eisheiligen“ rockte närrisch vor dem großen Finale, in dem dann endlich auch ein Prinz präsentier wurde. Schließlich standen die Besucher auf den Stühlen und tanzten und sangen und freuten sich ganz so wie auf einer „Großen Sitzung“.

Übrigens ist es wohl auch Leverkusens häufigste Sitzung, lädt das Kulturausbesserungswerk doch an vier Abenden dazu ein. Alle Sitzungen bis einschließlich Mittwoch sind ausverkauft.
Stefan Andres


Rheinische Post, 7.Februar 2006
Seitenhiebe in der kleinsten Sitzung

OPLADEN Ein Baum, so groß wie ein Wohnzimmer, behagliche Dunkelheit statt Farbbeleuchtung, dicht gedrängt sitzende und stehende Besucher - Leverkusens kleinste Sitzung im Kulturausbesserungswerk war schon etwas anders als die großen Sitzungen. Doch gerade diese andersartige Mischung aus Karneval und Cabaret war es, die dafür sorgte, dass jede der Karten schnell ausverkauft war. "Wir haben 1990 angefangen mit einer Sitzung und 50 Gästen", erinnerte sich Herbert Klemisch.

Der Vorsitzende des nach dem Tod von Initiator Johannes Boddenberg gegründeten Vereins "Cabaret meets Karneval" war mit der Resonanz sichtlich zufrieden. In dieser Session müssen nun bereits vier kleinste Sitzungen auf die Beine gestellt werden, um Gästen den Besuch zu ermöglichen. Noch bis Mittwoch finden jeden Abend am 20 Uhr eine Sitzung im Kulturausbesserungswerk statt.

Wieder dabei waren auch die Jungs von Notausstieg. Die Percussion-Gruppe der Leverkusener Musikschule sorgen gleich zu Beginn mit ihren hämmernden Trommelrhythmen für dröhnende Ohren und lautstarken Jubel beim Publikum. Die pastoralen Variationen von Michael Meierjohann der als Geistlicher verkleidet auf der Bühne rappte, hatten hingegen herzhaftes Gelächter zur Folge. Jecken aller Generationen und Einkommensschichten saßen einträchtig nebeneinander und verfolgten das Geschehen auf der Bühne. Keiner von ihnen konnte sich den verbalen Seitenhieben der auftretenden Kabarettisten entziehen, die sich unter anderem mit der Sparpolitik der Stadt beschäftigten.


Leverkusener- Anzeiger, 7.Januar 2006
Die Zeichen stehen auf Zukunft
Dickes Lob vom Land: Das Kulturausbesserungswerk in Opladen soll eine Förderung erhalten.

„Alles wird schöner, ohne dass man es merkt.“ Was ein auf sein Äußeres bedachter Mensch als herbe Kritik auffassen könnte, muss für einen Altbau nicht schlecht sein. Und der Bergisch Neukirchener Architekt Bernd Schendzielorz meint mit seinem Satz den Ausbau eines Altbaus. Und zwar der ehemaligen Industriehalle des Bahnausbesserungswerks in Opladen, die nunmehr für multikulturelle Veranstaltungen des Kulturausbesserungswerks (KAW) genutzt wird. Das nordrhein-westfälische Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport hat die Arbeit des KAW überzeugt, und nun soll es im Landesprogramm „Initiative ergreifen“ gefördert werden. Das Förderkonzept zielt auf Ideen und Bürgerengagement, die wichtige Aspekte wie Nachbarschaft, Bildung, Kleingewerbe oder Kleinkunst berücksichtigen. Ziel des Kulturausbesserungswerks ist es, die Halle, die als Veranstaltungsort für 300 Besucher einzigartig in Leverkusen ist, noch zu verbessern. Wie Schendzielorz erläutert, soll der Altbau energetisch und schallschutztechnisch auf den neuesten Stand gebracht werden. Dinge, deren Erfolg man eher auf einer niedrigen Stromabrechnung sieht, die am Charakter des Gebäudes aber nichts verändern. Eine gute Botschaft für junge und alte Bands: Die technische Ausrüstung der Beschallung soll künftig vom Feinsten sein.

Die Förderung ist für die Mitglieder des KAW vor allem aber eine Bestätigung, dass sie als erste Arbeitsgruppe aus der Perspektivenwerkstatt für die neue Bahnstadt Nägel mit Köpfen machen. Vorausgesetzt, dem Landeshaushalt für 2006 wird zugestimmt, und die Stadt kann mit dem Kauf der Grundstücke um das Ausbesserungswerk die Weichen für die Bahnstadt Opladen stellen. Die Eigenleistung in gut 4000 Arbeitsstunden ist eine Bedingung für die Förderung des insgesamt 670 000 Euro umfassenden Budgets, von dem 536 000 das Land übernimmt - wenn alles in trockenen Tüchern ist. Petra Clemens, Rita Schillings, Cordula Lissner, Wolfgang Müller-Schlesinger und Timo Glatz vom KAW sind optimistisch, haben sie bisher doch schon ganz andere Hürden gemeistert.

Jetzt stehen die Zeichen auf Zukunft. Man wurde in das Programm der Regionale 2010 aufgenommen, und wie Petra Clemens erklärt, kann das KAW vor allem durch die bunte Mischung punkten. Alle Generationen werden mit einbezogen. Und war im Wiesdorfer Zentrum, da wo heute noch die „Kolonie Eins“ steht, einmal so etwas wie eine Urzelle der Kunst- und Kulturschaffenden dieser Stadt angesiedelt, lebt diese Urzelle an der Kolbergerstraße heute fröhlich weiter. Laut Clemens stoßen immer mehr junge Leute dazu.
Jan Sting


Rheinische Post, 6.Januar 2006
BahnStadt nimmt Formen an
Das Land NRW hat eine Förderung für das Projekt Kulturausbesserungswerk in Höhe von 536000 Euro zugesagt. Die Halle kann zum Kulturzentrum ausgebaut und dauerhaft für Veranstaltungen genutzt werden.

Im Sommer 2004 sah die Zukunft im Kulturausbesserungswerk (KAW)
dunkel aus. „Damals wurde zum ersten Mal eine Veranstaltung nicht genehmigt “, erinnert sich Petra Clemens, Mitglied des Fördervereins und eine von rund 60 Aktiven im Kultur-Zentrum auf dem alten Bahngelände. Nur mit Einzelgenehmigungen konnten dort mehr Veranstaltungen durchgeführt werden, nachdem der Verein die städtischen Auflagen in Sachen Brand- und Schallschutz erfüllt und die erforderlichen Parkplätze geschaffen hatten.

Über 10000 ehrenamtliche Arbeitsstunden und einiges an Materialkosten waren da bereits investiert. Jetzt sieht es so aus, als sei das nicht vergebens geschehen. Denn das Land NRW hat eine Förderung für das Projekt KAW in Höhe von 536000 Euro zugesagt. Das bedeutet, die Halle kann zum Kulturzentrum ausgebaut und dann dauerhaft für die unterschiedlichsten Veranstaltungen genutzt werden. Kabarett und Konzerte, Theater und Partys, wie es sie bisher
schon gab, könnten in größerer Zahl stattfinden. Auch die Vermietung für private oder betriebliche Feiern wäre denkbar.

„Es wird alles schöner, ohne dass man es direkt merkt“, beschreibt Architekt Bernd Schendzielorz die Pläne, die mit dem städtischen Antrag an das Ministerium für Bauen und Verkehr eingesandt wurden. Danach soll modernste Veranstaltungstechnik eingebaut werden, der Charakter der alten Bahnhalle aber erhalten bleiben. Zusätzliche Nutzräume wie Künstlergarderoben und Materiallager, die einen schnellen Wechsel der Ausstattung ermöglichen, soll
es in einem Anbau an der Rückseite geben. Das Konzept sieht wandlungsfähige Räume vor, von der Kleinkunstveranstaltung mit Bestuhlung für 150 Besucher bis zum Tanz-Event für weit mehr als 400 Personen. Der Saal werde einzigartig in der Stadt sein, schwärmt der Architekt. Vor dem Baustart muss allerdings noch der Landeshaushalt genehmigt und der Nutzungsvertrag zwischen Stadt und Bahn unterzeichnet sein. Dann werden auch die Aktiven im
KAW wieder die Ärmel aufkrempeln, denn 20 Prozent der veranschlagten
Baukosten von 670000 Euro muss der Förderverein aufbringen.

Von diesen 134000 Euro Eigenanteil sind 65000 Euro als bauliche
Eigenleistung eingerechnet, das entspricht 4500 Arbeitsstunden. 34000 Euro an Spenden wurden bereits gesammelt und für die restlichen 35000 Euro wurden bereits private Darlehensgeber gefunden. Wenn alles gut geht, können die Baumaßnahmen im Sommer beginnen. Das geförderte Projekt ist Teil der Regionale 2010.
Monika Klein


Leverkusener-Anzeiger, 02.Januar 2006
Ein Fest mit funkelnden Juwelen
(...) Zwar trug man auch im Kulturausbesserungswerk zum Jahreswechsel gerne schwarz, jedoch weniger in Form eines Anzuges. Kapuzenpullis, Nietengürtel und bunte Frisuren lagen in Opladen stark im Trend. Mit alternativer Rockmusik und Kölsch aus der Flasche läutete man das Jahr 2006 ein. Wer wollte, konnte durch handbeschriebene Glückskekse oder Bleigießen eine Weisheit mit ins neue Jahr nehmen. „Du findest eine Perle“, so die hoffnungsvolle Erläuterung zu dem Gießversuch von Ulla Müller (...)

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