SELBSTVERSTÄNDNIS

Kulturausbesserungswerk –
Autonomes Zentrum für Kultur und Politik

Dieses Selbstverständnis ist ein Resultat zahlreicher Diskussionen. Es ist kein Manifest, das die bzw. unsere reine Wahrheit verkünden soll, sondern Abbild eines kommunikativen Prozesses, der unentwegt weitergeht.

Autonomie

„Sich selbst Gesetze gebend“, diese wörtliche Übersetzung des altgriechischen Wortes „αὐτονομία“  gibt unser Verständnis von Autonomie wieder. Es verweist auf die „Freiheit nach innen“, Fragen gemeinsam und selbstbestimmt mit Gleichgesinnten, also im Kollektiv zu erörtern und Entscheidungen zu fällen – das grundlegende Prinzip von Politik.

Die „Freiheit nach außen“ ist eine sehr relative, da auch ein Zentrum wie das unsrige sich nicht auf der Insel Utopia befindet, sondern in ein System eingebunden ist, in dem ökonomische Zwänge und Verwertbarkeitslogik durch die kapitalistische Vergesellschaftung in alle Lebensbereiche und Denkmuster eindringen. Anders ausgedrückt: Das KAW ist den legalistischen Weg gegangen - Statt ein Haus zu besetzen, zahlen wir Miete, statt Bier zu klauen, kaufen wir es von einem/einer Händler/in und verkaufen es mit Mehrwert. Wir wollen jedoch nicht auf eine Zeit warten, in der diese Zwänge vielleicht nicht mehr bestehen, sondern im Hier und Jetzt ein schöneres Leben beginnen!  Das KAW soll ein Ort der Subversion, des bunten, kreativen Widerstandes gegen die Realität sein.

Das KAW fühlt sich vielen emanzipatorischen, außerparlamentarischen Bewegungen verbunden. Vor allem den Initiativen, die versuchen Freiräume anzueignen, seien es soziale Zentren, Bauwagenplätze, besetzte Häuser oder kollektive Wohnprojekte. Dass wir uns für den legalistischen Weg entschieden haben, ist der bitteren Realität geschuldet, dass kaum eine Besetzung mehr als einige wenige Tage vor der Räumung durch die Polizei verschont bleibt (Ausnahmen bestätigen die Regel).
Wir denken, dass auch alternative Wege gegangen werden müssen und ein rigides Festklammern an den Kämpfen und Parolen der 68er-90er Jahre auch keinem/keiner nützt. Dabei erheben wir allerdings nicht den Anspruch, dass unser Weg der einzig wahre sei, es ist nur der unsrige.

Selbstverwaltung

Das KAW ist ein Zentrum, das von den Menschen verwaltet wird, die es nutzen.

Es ist aber mehr als die Summe von Einzelinteressen. Die einzelnen Individuen im KAW haben sehr unterschiedliche Auffassungen zu allen möglichen Belangen. So abgedroschen es klingen mag, aber das KAW kann nur funktionieren, wenn die einzelnen Nutzer/innen aufeinander Rücksicht nehmen, Toleranz üben und Verantwortung eigenständig übernehmen.

Um den rechtlichen Rahmen für das selbstverwaltete Zentrum zu gewährleisten, gibt es einen Förder-und Trägerverein, in dem alle Nutzer/innen des KAW Mitglied sind. Wir verwalten unsere eigenen Belange jeden Monat im –allen Interessierten offen stehenden– Plenum. Dort werden alle organisatorischen Angelegenheiten besprochen, die der Betrieb eines Kulturzentrums notwendig macht. Anstehende Aufgaben werden im Plenum verteilt, und aus dem Plenum gehen Arbeitsgruppen hervor, die sich ständig neu -nach Interesse- zusammensetzen. Kontinuierlich arbeiten Leute in den AGs Öffentlichkeit, Außenvertretung, Hausmeisterei und Bau-, sowie Veranstaltungskoordination.

Aufgaben zu übernehmen, heißt auch Verantwortung zu tragen. Dadurch, dass alle Gruppen und Treffen offen sind und keine/r seinen/ihren festgelegten Aufgabenbereich verteidigt, wird der Hierarchiebildung entgegengewirkt. Beinahe zwangsläufig können sich aber Hierarchien dadurch ergeben, dass manche Leute mehr, die anderen weniger machen. Die „Aktiveren“ sind früher informiert über anstehende Entscheidungen, „wissen mehr“, und können so größeren Einfluss in den Debatten ausüben. Dem kann wiederum nur entgegengewirkt werden durch größtmögliche Transparenz von Informationen, durch stetige Kommunikation miteinander und die Bereitschaft Aller, am Geschehen im KAW teilzunehmen.

Der Verein=KAW ist unabhängig von den Interessen Anderer. Spenden und Fördermittel, die uns von wirtschaftlichen Zwängen befreien (Getränke- und Eintrittspreiserhöhungen zum Beispiel), akzeptieren wir gerne, aber nur, wenn jegliche Einflussnahme und/oder Abhängigkeitsverhältnisse von vorneherein ausgeschlossen sind.

Freiraum

Das selbstverwaltete Zentrum soll solidarische und emanzipierte Verbindungen schaffen in einer Gesellschaft, in der Einzelne wie auch politische und soziale Gruppen zunehmend isoliert voneinander agieren. Das KAW soll dabei ein Treffpunkt sein, in dem die Unterschiede und Gemeinsamkeiten reflektiert werden.

Das KAW ist ein Freiraum, in dem alle Menschen ihre Fähigkeiten und Interessen verwirklichen können. Frei sein soll der Raum von Konsumzwang, von rassistischen Ausschlüssen und sexistischem Verhalten. In unserem  Zentrum werden Übergriffe jeglicher Art nicht toleriert, weder körperliche, verbal / psychische, noch sexualisierte. Parteiliches Eingreifen für die/den Betroffene/n ist unser Konsens.

Das KAW ist ein offenes und unkommerzielles Zentrum. Kein Mensch soll ein Konzert oder eine Party nicht besuchen können, weil er/sie nicht genügend Geld hat. Daher ist es uns wichtig, niedrige Getränkepreise und gestaffelte Eintrittspreise anzubieten. Dabei sollte jede/r Besucher/in aber auch so fair sein und die Notwendigkeit der Künstler/innen und der Betreiber/innen sehen, die Kosten zu decken.

Rassistische Ausgrenzung ist ein Bestandteil unserer Gesellschaft. Wir möchten dieser Ausgrenzung etwas entgegensetzen - unsere Initiative versteht sich als  antirassistisches Projekt. Dabei sind wir allerdings manchmal von unseren eigenen Ansprüchen entfernt.

Ob kulturelle Aktivitäten wie Theater, Kabarett, Lesungen und Ausstellungen oder Konzerte, Partys oder Filmabende, ob Veranstaltungen für jüngere oder ältere Menschen: sie finden statt, wenn Leute Lust darauf haben, diese zu organisieren – es sollte keine Veranstaltung stattfinden nur „um die Miete reinzukriegen“.

Das KAW bietet den Gruppen/Individuen Raum, die sich diesen Idealen verbunden fühlen und denen im politischen Mainstream kein Platz zugestanden wird.

D.I.Y. – Do it yourself, do it together


Wir freuen uns jederzeit über Leute, die aktiv bei uns mitmachen wollen. Er/sie kann sich den Veranstaltungsgruppen anschließen oder mit eigenen Mitstreiter/innen versuchen, eine Veranstaltung auf die Beine zu kriegen. Wir geben uns Mühe, jede/n so gut es geht zu integrieren, der/die auch integriert werden will. Häufig erleben wir aber, dass Leute lediglich unsere Infrastruktur für Privatparties nutzen wollen oder bestimmte Serviceleistungen vom KAW erwarten. Wir verstehen uns nicht als klassischer Kulturdienstleister, sondern fühlen uns dem DIY-Prinzip verbunden: „Du hast eine Idee, setze sie um! Du hast vielfältige Fähigkeiten, nutze sie! Wenn du Lust hast!“
Dafür bieten wir den Raum und Gleichgesinnte, sind insofern also auch Anbieter. Das heißt aber auch, dass diejenigen, die Veranstaltungen organisieren, die anfallenden Aufgaben, wie Kasse, Theke, Werbung, (Klo) putzen etc. selbständig in die Hand nehmen und sich über die Verantwortlichkeiten, die sich daraus ergeben im Klaren sind, wie z.B. bzgl. der Sicherheit der Gäste oder des Anspruchs auf Nachtruhe für die Anwohner/innen. Wir haben also ein Konzept, das auf Eigeninitiative setzt – glaubt uns: Es ist nicht immer einfach, aber es macht Spaß!

KAW, Mai 2007


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